
NEWS | 2023-10-10
Mein sehr geschätzter Autorenkollege und lieber Freund Jobst Mahrenholz liest in elf Tagen aus seinem Roman ›Tullio‹.
Und wer es noch nicht wusste: Jobst hat 2020 kurz vor der Veröffentlichung im Rahmen von #allabendlichqueer aus ›Die Scherben seiner Seele‹ vorgelesen. Ein wunderbarer Abend [YouTube-Link].
Ich durfte damals im Anschluss an seiner Leserunde zu ›Tullio‹ teilnehmen. Hier meine abschließenden Worte:
»Die wahren Tragödien passieren zuhause.
Hat man einmal das Gefühl gehabt, sich in der Gesellschaft eines Menschen wohl zu fühlen, auch wenn es lange Momente des Schweigens und der Stille gibt, so hat man eine ungefähre Vorstellung davon, was ich beim Lesen der Bücher von Jobst Mahrenholz empfinde.
Seine Geschichten leben von den leiseren Momenten, welche umso lauter sind, hört man genauer hin. Mahrenholz glänzt in Perfektion, wenn es darum geht, eindrucksvolle Stimmungen mit nur wenigen Worten zu erschaffen. Reduktion als positiv empfundenes Stilmittel. Eine Seltenheit, dass ich so empfinde, mag ich verschachtelte Sätze eigentlich recht gern. Aber es wäre keine Geschichte von Jobst Mahrenholz, wenn ich sie hier vermissen würde.
Tullio. Das Werk, welches mich bislang am meisten von diesem Autoren begeistern konnte und eines, das ihm selbst sehr am Herzen liegt. Das spürt man auf jeder Seite; in jeder Faser. Ich mag den Hauptprotagonisten. Sehr. Er ist eigenartig. Im positiven Sinne. Aufgrund dessen, was ihm in jungen Jahren geschehen ist, ist er traumatisiert. Erheblich. Und vielleicht wirken deswegen seine Annäherungen etwas hölzern. Ich denke allerdings, dass er die Dinge schon immer besonders gesehen hat. Und es ist ein Los dieser Menschen, dass sie von der Mehrheit der Gesellschaft nicht akzeptiert oder sogar abgelehnt werden. Weil sie anders funktionieren.
Wir werden Zeuge, wie gewisse Dinge geschehen, die verstörend sind. Und wir erleben, wie ein Mensch wie Tullio mit diesen umgeht. Er reagiert in aller Stille und setzt damit ein Zeichen, welches mehr Anklage ist, als es Worte je könnten. Tullio ist immer noch Kind. Und die Gesellschaft, das Leben, das weitergeht, lässt ihn erwachsen werden, obwohl er innerlich immer noch an dem Tag verharrt, an dem sich sein Leben zum ersten Mal drastisch verändert.
Ich habe Tullio als poly wahrgenommen, etwas, was mir aus persönlichen Beweggründen ziemlich gefällt. Seine Liebe ist sanft und zart und wenn er jemand Neuem seine Aufmerksamkeit und Liebe schenkt, dann nimmt er sie nicht von einem anderen fort. Sie bleibt. Auch das macht ihn gesellschaftlich gesehen besonders.
Mahrenholz liebt Familienzwiste. Hier passiert so viel. Es braucht keinen Krimi oder Thriller, um den Blick nicht mehr von den Worten lösen zu können. Die wahren Tragödien passieren zuhause. Danke für dieses Buch.«
Hier geht’s zum Buch.
Wer nun am 21. Oktober Zeit und Lust hat, sich das Vergnügen zu geben, Jobst persönlich aus diesem Werk vorlesen zu hören, der finde sich um 19:00 Uhr im Kulturbunker Hainholz in Hannover ein.
Der Eintritt ist frei. ^^
Der Eintritt ist frei. ^^
